Berufshaftpflicht für Anwälte – was ist versichert?
20. Januar 2023 | Constantin Behrschmidt
Welche Schäden sind bei der Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte versichert?
Wer als Rechtsanwalt zugelassen und tätig sein will, benötigt dafür zwingend eine Berufshaftpflicht. Das ergibt sich aus § 12 BRAO (Zulassung) und § 51 BRAO (Berufshaftpflichtversicherung). Für Einzelanwälte schreibt das Berufsrecht eine Mindestversicherungssumme von 250.000 Euro vor. Eine Begrenzung der Jahreshöchstleistung darf eine Mio. Euro nicht unterschreiten. Diese Mindestanforderungen muss jeder anwaltliche Berufshaftpflichtschutz erfüllen.
Oft werden Versicherungen über höhere Summen abgeschlossen, um eine der tatsächlichen Tätigkeit angemessenen Schutz zu ermöglichen. Für ausreichenden Versicherungsschutz sind aber nicht nur adäquate Deckungssummen erforderlich, es ist auch sachlich eine möglichst gute Schadenabdeckung anzustreben.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Schäden eine anwaltliche Berufshaftpflichtversicherung überhaupt abdeckt bzw. abdecken kann.
Versicherung im Rahmen der Berufshaftpflicht für Vermögensschäden
Die Berufshaftpflichtversicherung als Vermögensschadenhaftpflichtschutz versichert grundsätzlich nur sogenannte echte Vermögensschäden – das sind Vermögensverluste, die Dritten aus Versäumnissen, Fehlern oder Pflichtverletzungen im Rahmen der anwaltlichen Berufsausübung entstehen.
Wie bei jedem Haftpflichtschutz umfasst die Deckung auch die Abwehr von unberechtigten Ansprüchen. Nicht (automatisch) mitversichert sind Haftpflichtschäden, die aus dem Kanzleibetrieb resultieren. Das können Sach- oder Personenschäden sowie daraus abgeleitete Vermögensschäden (unechte Vermögensschäden) sein. Typische Beispiele für Schäden im Kontext der Betriebshaftpflicht sind: Wasserschaden in den angemieteten Kanzleiräumen durch nicht zugedrehten Wasserhahn, Kanzleibesucher verletzt sich durch Stolpern über unsachgemäß verlegte Kabel.
Für solche Schäden ist eine Betriebshaftpflicht- bzw. Bürohaftpflichtversicherung zuständig. Sie kann oft als (optionaler) Zusatzschutz mit in den Berufshaftpflichtschutz integriert werden oder ist extra zu vereinbaren.
Berufshaftpflicht nur für anwaltliche und anwaltsnahe Tätigkeiten
Der Versicherungsschutz der Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte erstreckt sich in der Regel nur auf Vermögensschäden im Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit. Nicht abgedeckt sind Vermögensschäden, die durch Tätigkeiten außerhalb der eigentlichen anwaltlichen Rechtsberatung oder Rechtsvertretung verursacht sind – zum Beispiel wenn eine reine Wirtschafts- oder Finanzberatung zugrunde liegt.
Zur Anwaltstätigkeit zählen auch bestimmte eng mit dem Anwaltsberuf verbundene Tätigkeiten, zum Beispiel als
- Liquidator, Treuhänder oder Mitglied eines Gläubigerausschusses durch gerichtliche Bestellung;
- Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter, Vormund;
- Schlichter oder Mediator;
- Kanzleiabwickler;
- Notarvertreter;
- juristischer Dozent, Referent oder Autor;
- juristischer Gutachter;
- als Mitglied von Anwaltskammern oder anwaltlichen Standesvertretungen.
In den Versicherungsbedingungen der anwaltlichen Berufshaftpflichtversicherungen sind die mitabgedeckten Tätigkeiten üblicherweise im Rahmen eines Tätigkeitskatalogs explizit aufgeführt. Die Kataloge entsprechen mehr oder weniger der o.a. Auflistung, sind aber nicht notwendigerweise damit identisch.
Daher sollte immer geprüft werden, welche Tätigkeiten der Versicherungsschutz tatsächlich umfasst.
Ausschlüsse – Vorsatz, Vertrauensschäden, Ausland, Kaufmännische Tätigkeit
Bei der Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte findet man auch explizite Versicherungsausschlüsse – zum Teil solche, die generell bei Haftpflichtversicherungen üblich sind, zum Teil solche in spezieller berufstypischer Prägung:
- der Versicherungsschutz besteht – wie bei allen Haftpflichtversicherungen – nicht bei Schäden durch Vorsatz.
- ausgeschlossen sind in der Regel anwaltliche Tätigkeiten „mit Auslandsbezug“. In den Versicherungsbedingungen bezieht sich das meist auf Tätigkeiten als Rechtsanwalt über ausländische Kanzleien und Büros, im Zusammenhang mit außereuropäischem Recht oder vor außereuropäischen Gerichten.
- Vertrauens- bzw. Veruntreuungsschäden: sind Schäden, die durch Veruntreuung, Unterschlagung, Diebstahl oder Geheimnisverrat von Mitarbeitern, Sozien oder Angehörigen des versicherten Anwalts entstehen. Die Berufshaftpflichtversicherung leistet üblicherweise nicht bei solchen Schäden, manchmal kann das Risiko gegen Aufpreis mitversichert werden.
- ebenfalls ausgeschlossen von der Leistung sind Haftpflichtschäden aus kaufmännischer Tätigkeit oder als Organmitglied in nicht-berufsständischen Einrichtungen oder Vereinigungen (Unternehmen, Vereinen, Verbänden).
Die Bedingungen der Berufshaftpflicht müssen stimmen
Die Ausführungen zeigen: auch bei der Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte kommt es auf das berühmte Kleingedruckte an.
Bei Behrschmidt & Kollegen achten wir daher nicht nur auf die Angemessenheit der Versicherungssummen, sondern auch darauf, dass die „Bedingungen“ für die jeweilige anwaltliche Tätigkeit stimmen. Für Information, Beratung und die Optimierung des Versicherungsschutzes stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.
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