Besetztes Fax-Gerät berechtigt Anwalt nicht, Sendeversuche aufzugeben
23. April 2020 | Constantin Behrschmidt
Im Alltagsleben ist das Fax-Gerät fast eine Technik von vorgestern, im Gerichtsleben hat es nach wie vor einen festen Platz. Denn die Sendebestätigung dient als wichtiger Nachweis für die Wahrung von Fristen. Und auf die kann es in einem Prozess entscheidend ankommen.
Versäumte Fristen sind einer der häufigsten Anlässe, bei denen ein Anwalt wegen Pflichtverletzung in Haftung genommen wird. Doch was ist, wenn eine Frist nicht eingehalten wurde, weil das Fax-Gerät des Gerichtes stundenlang blockiert war und der betreffende Anwalt schließlich entnervt aufgegeben hat? Der gute Wille zur Fristwahrung war da, aber die Technik des Gerichts spielte nicht mit – trifft den Anwalt dann trotzdem ein Versäumnis?
54 Sendeversuche und vergebliche Anrufe reichen nicht
Ja, meint der BGH in einem im letzten Jahr entschiedenen Fall (BGH-Beschluss v. 20.08.2019 – Az. VIII ZB 19/18). Auch vielfach wiederholte, gescheiterte Sendeversuche entlasten den Anwalt nicht von seiner Pflicht, es weiter zu versuchen. Worum ging es? Ein Rechtsanwalt hatte in einem Verfahren vor dem Landgericht Paderborn dem Gericht einen fristgebundenen Schriftsatz zuzustellen. Um die Frist zu wahren, setzte er auf die Fax-Zusendung. Allerdings scheiterten seine wiederholten Versuche. Am Tag des Fristablaufs gab es zwischen 15:43 Uhr und ca. 20:00 Uhr insgesamt 54 dokumentierte Sendeversuche, die allesamt ergebnislos verliefen. Der Absender erhielt stets die Rückmeldung „Empfangsgerät belegt“.
Wie der Anwalt später angab, war auch Versuchen, das Gericht am betreffenden Tag ab 17:00 Uhr telefonisch zu erreichen und die Blockade zu klären, kein Erfolg beschieden. Eine weitere Fortsetzung der Versuche sei nicht zumutbar gewesen. Daher gab der Anwalt am Abend auf, die Frist lief ab und am nächsten Tag beantragte er beim Landgericht die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Das Landgericht lehnte dies aber ab. Das Fax sei den gesamten Tag über betriebsbereit gewesen. Am Nachmittag sei das Gerät zwar wegen der Zusendung eines umfangreichen Schriftsatzes längere Zeit belegt gewesen, habe danach aber wieder offen gestanden. Noch um 20:48 Uhr sei nachweislich ein anderes Fax beim Gericht eingegangen. Die Unterlassung weiterer Sendeversuche durch den Rechtsanwalt in den Stunden bis Mitternacht sei ein Versäumnis, das diesem anzulasten sei.
Auch nach 20 Uhr noch zumutbar
Der BGH schloss sich dieser Auffassung an und entschied, dass die Wiedereinsetzung vom Landgericht zu Recht abgelehnt worden sei. Die Begründung der Paderborner Richter wurde dabei sogar noch zusätzlich untermauert. Die Zusendung per Fax dürfe nicht vorzeitig abgebrochen werden, weil das Empfangsgerät belegt sei. Damit müsse ein Anwalt, der sich für diesen Weg der Zusendung entschieden habe, stets rechnen und auch eine gewisse Zeitreserve sei in diesem Fall einzukalkulieren.
Gerade die Meldung „Empfangsgerät belegt“ zeige, dass noch Aussicht bestanden habe, die Zusendung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgreich durchzuführen. Auf jeden Fall habe sich daraus nicht schließen lassen, dass das Gerät nicht funktioniere oder außer Betrieb sei. Erfolglose Sendeversuche in den späten Nachmittagsstunden und am frühen Abend seien überdies nichts Ungewöhnliches. Erfahrungsgemäß würden die Faxgeräte bei Gerichten in dieser Zeit besonders stark frequentiert. Das habe der Anwalt mit berücksichtigen müssen. Es sei ihm außerdem zuzumuten gewesen, noch nach 20.00 Uhr Sendeversuche zu unternehmen.
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Kategorie: Bürohaftpflichtversicherung
Schlagwörter Berufshaftpflicht, Berufshaftplichtschutz, Pflichtverletzung, Sendebestätigung, Sendeversuche, Wiedereinsetzung
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