Hinweisgeberschutzgesetz – neue Anwaltstätigkeit!
22. August 2023 | Constantin Behrschmidt
Hinweisgeberschutzgesetz – neue Betätigungsfelder für Anwaltskanzleien
Am 2. Juli 2023 ist das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Kraft getreten. Damit wurden Vorgaben einer entsprechenden EU-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1937 (Hinweisgeberrichtlinie)) in deutsches Recht umgesetzt. Das Gesetz will Hinweisgeber – umgangssprachlich Whistleblower – vor Benachteiligung und unberechtigter Verfolgung schützen. Gleichzeitig setzt das Gesetz einheitliche Standards im Zusammenhang mit der Aufdeckung von Missständen durch Whistleblower.
Ein zentraler Regelungsbereich des Gesetzes betrifft die Einrichtung von internen und externen Meldestellen, an die Whistleblower ihre Hinweise richten können. Arbeitgeber mit mindestens 50 Beschäftigten sind zur Einrichtung einer solchen internen Meldestelle verpflichtet. (§ 12 Abs. 2 HinSchG). Die Einrichtungspflicht trifft also nicht nur Großunternehmen, sondern viele mittelständische Betriebe und andere Einrichtungen „mittlerer Größenordnung“.
Interne Meldestelle nach HinSchG mit Outsourcing-Option
Eine interne Meldestelle kann in unterschiedlicher Weise organisiert sein. Eine beschäftigte Person oder eine Arbeitseinheit mit mehreren beschäftigten Personen kann mit dieser Aufgabe betraut werden. Es ist aber auch möglich, einen Dritten mit der Wahrnehmung der Aufgaben der internen Meldestelle zu beauftragen (§ 14 Abs. 1 HinSchG). Damit ermöglicht das Gesetz bewusst das Outsourcing der internen Meldestelle. Beauftragte Personen müssen in jedem Fall unabhängig sein und über die nötige Fachkunde verfügen. Es ist außerdem sicherzustellen, dass es nicht zu Interessenkonflikten mit sonstigen Tätigkeiten der beauftragten Person/en kommt (§ 15 HinSchG).
Für die Abgabe von Meldungen sind geeignete Meldekanäle einzurichten (§ 16 HinSchG). Meldungen über diese Kanäle müssen in mündlicher Form und in Textform möglich sein. Meldungen in mündlicher Form können telefonisch oder über andere Sprachmitteilungen erfolgen. Die Textform eröffnet den Weg für die elektronische Übermittlung. Auf Wunsch eines Whistleblowers ist auch eine persönliche Zusammenkunft mit dem „Meldebeauftragten“ zu ermöglichen. Meldekanäle sind grundsätzlich so zu gestalten, dass Unbefugte keinen Zugriff darauf haben.
Anwaltskanzleien als Outsourcing-Partner
Die vom Gesetz geschaffene Möglichkeit der Auslagerung der internen Meldestelle an Dritte bietet Anwaltskanzleien ein neues Betätigungsfeld. Nicht wenige Anwälte haben diese Chance bereits für sich entdeckt und bieten die Organisation oder Übernahme von internen Meldestellen als zusätzliche Leistung an. Einige Kanzleien haben dafür eigene systembasierte Lösungen (Meldeportale) implementiert oder betreiben im Rahmen ihrer Funktion als interne Meldestelle eine Melde-Hotline. Es gibt inzwischen bereits eine ganze Reihe an Software-Lösungen zum HinSchG am Markt. Es versteht sich dabei von selbst, dass die Pflichten, die den Arbeitgeber im Zusammenhang mit internen Meldestellen betreffen, auch für Outsourcing-Partner gelten.
Noch ungeklärte Haftungsfragen zum Hinweisgeberschutzgesetz
Die Aufgaben der internen Meldestelle betreffen nicht nur Erfassung und Dokumentation von Meldungen. Das Gesetz enthält eine ganze Reihe an Verfahrensvorschriften für den Umgang mit Meldungen (§ 17 HinSchG) und macht Vorgaben zu notwendigen Folgemaßnahmen (§ 18 HinSchG). Hier ergeben sich zusätzliche Pflichten für Anwälte, die diese Leistung anbieten. In diesem Zusammenhang werden sich in Zukunft wahrscheinlich auch Haftungsfragen im Zusammenhang mit Pflichtverletzungen stellen. Das Gesetz selbst enthält hierzu wenig Konkretes. Verstöße gegen das Vertraulichkeitsgebot nach § 8 HinSchG stellen eine mit Bußgeld (bis zu 50.000 EUR) bewehrte Ordnungswidrigkeit dar.
Bestehenden Berufshaftpflichtschutz überprüfen
Die Praxis bei der Anwendung des noch neuen Gesetzes wird zeigen, ob und in welchem Umfang Haftungsfälle auftreten. Auf jeden Fall sollte der bestehende anwaltliche Berufshaftpflichtschutz im Hinblick auf eine Tätigkeit im Rahmen des HinSchG überprüft werden. Die Experten von Behrschmidt & Kollegen stehen hier gerne beratend zur Seite.
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