Ein Fall von Notarhaftung und die Berufshaftpflicht des Notars
Notare haften für vorsätzliche oder fahrlässige Amtspflichtverletzungen und sind entsprechend zum Schadensersatz verpflichtet. Das ergibt sich explizit aus § 19 Bundesnotarordnung. Bei Fahrlässigkeit ist der Schadensersatzanspruch insoweit begrenzt, als nicht auf andere Weise Ersatz möglich ist. Solche Pflichtverletzungen mögen die Ausnahme sein, sie können aber durchaus auch bei Routine-Vorgängen vorkommen. Das zeigt ein Fall, über den kürzlich der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte (BGH, Urteil v. 23.01.2020, Az.: III ZR 28/19).
Darin ging es um Amtspflichtverletzung eines sogenannten Vollzugs- oder Zentralnotars. Ein Zentralnotar übernimmt bei Bauträgerprojekten die zentrale Vertragsabwicklung im Rahmen einer überregionalen Vermarktung des Objektes. Üblicherweise fungiert derjenige Notar als Zentralnotar, der auch die Wohnungsaufteilung beurkundet hat. Käufer können dann vom Zentralnotar vorformulierte Kaufangebote bei einem Notar ihrer Wahl – bei sich vor Ort – beurkunden lassen. Der Bauträger (Verkäufer) erklärt die Annahme beim Zentralnotar, der sich auch um die weitere Abwicklung der Kaufverträge kümmert. In dieser zentralen Funktion obliegt dem Zentralnotar eine besondere betreuende Belehrungspflicht gegenüber den Käufern.
Betreuende Belehrung – eine wichtige Notarpflicht
In dem Fall hatte der Zentralnotar im Kaufangebot eine rechtlich zweifelhafte Fortgeltungsklausel aufgenommen. Kaufinteressenten sollten danach zwar berechtigt sein, ihr Kaufangebot innerhalb einer bestimmten Frist zu widerrufen. Wenn kein Widerruf erfolgte, sollte das Angebot des Kaufinteressenten aber unbefristet weiter Bestand haben. Eine solche Klausel ist unwirksam – da unvereinbar mit dem Klauselverbot nach § 308 Abs. 1 BGB. Dazu existiert eine eigene BGH-Rechtsprechung.
Der Zentralnotar hatte nicht nur die unwirksame Klausel verwandt, sondern es auch versäumt, Kaufinteressenten über deren rechtliche Zweifelhaftigkeit „betreuend zu belehren“. Er hätte fragen müssen, ob ein neues – korrekt formuliertes – Angebot gewünscht sei oder vom Kauf Abstand genommen werden solle. Dies geschah nicht – im Gegenteil: der Zentralnotar beurkundete die Annahme des Kaufangebots durch den Bauträger und stellte den Kaufpreis im Rahmen des weiteren Vollzugs des Kaufvertrags fällig.
Käufer einer Wohnung verklagten den Zentralnotar daraufhin auf Schadensersatz. Der Vorwurf: der Notar habe seine Amtspflicht verletzt, weil er nicht darauf hingewiesen habe, dass die Kläger zum Zeitpunkt der Beurkundung wegen der unwirksamen Fortgeltungsklausel nicht mehr an ihr Angebot gebunden gewesen seien. Sie verlangten Kaufpreiserstattung gegen Rückübertragung des Eigentums an der Wohnung.
Der BGH gab den Klägern Recht und verurteilte den Zentralnotar zum Schadensersatz. Er habe durch den Vollzug des Kaufvertrages ohne vorherige Abklärung einen Kaufpreisschaden bei den Käufern verursacht, der von ihm zu vertreten sei. Die „Ersatzregelung“ der Bundesnotarordnung kommt nach Ansicht der BGH-Richter im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Zwar bestehe grundsätzlich auch die Möglichkeit, Schadensersatz gegenüber dem Bauträger geltend zu machen. Für diesen gelte aber ebenfalls der Schutzbereich der Notar-Pflichtverletzung – er betreffe beide Seiten: Verkäufer und Käufer. Konsequenz: der Verkäufer hätte seinerseits Schadensersatz vom Zentralnotar verlangen können.
Berufshaftpflichtschutz für Notare gesetzliche Pflicht
Dieses Beispiel macht deutlich, wie wichtig ein angemessener Berufshaftpflichtschutz für Notare ist. Aus gutem Grund verpflichtet daher die Bundesnotarordnung einen Notar „…eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten zur Deckung der Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden, die sich aus seiner Berufstätigkeit und der Tätigkeit von Personen ergeben, für die er haftet“. (§ 19a Abs. 1 Satz 1 BNotO). Auch zur Versicherungssumme gibt es Vorgaben: „Die Mindestversicherungssumme beträgt 500.000 Euro für jeden Versicherungsfall. Die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden dürfen auf den doppelten Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden“. (§ 19a Abs. 3 Satz 1 BNotO).
Darauf aufbauend besteht zugunsten von Notaren zusätzlich eine Gruppenanschluss-Versicherung bei der jeweils zuständigen Notarkammer. Vorgaben dazu sind in § 67 BNotO geregelt. Die Versicherung deckt bis zu 500.000 Euro an weiteren Schäden ab.
Die passende Berufshaftpflichtversicherung für notarielle Tätigkeit
In der Berufshaftpflichtversicherung sollten ggf. neben der originären Notartätigkeit auch noch weitere typische Notaraufgaben abgedeckt sein, die Haftungsfälle bewirken können:
- die Tätigkeit als Treuhänder, (vorläufiger) Insolvenzverwalter, gerichtlich bestellter Liquidator, Gläubigerausschussmitglied;
- die Tätigkeit als Vormund, Betreuer, Pfleger und Beistand, Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger und -verwalter;
- Autoren- und Gutachtertätigkeit auf rechtswissenschaftlichem Gebiet.
Behrschmidt & Kollegen ist als unabhängiger Versicherungsmakler auf besten Versicherungsschutz für Angehörige rechtsberatender und angrenzender Berufe spezialisiert. Wir bieten auch für Notare optimale Lösungen zum Berufshaftpflichtschutz, der auf ihre jeweilige Tätigkeit zugeschnitten ist. Gerne beraten wir näher dazu!
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