Die BRAO-Reform – Was ist versicherungstechnisch zu beachten?
Am 1. August 2022 trat das „Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“ in Kraft. Statt dieses umständlichen Titels wird häufig von BRAO-Reform gesprochen.
Die BRAO-Reform stellt vielfach höhere Mindestanforderungen an den Berufshaftpflichtschutz von Berufsausübungsgesellschaften von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Die Anforderungen an den Berufshaftpflichtschutz von Rechtsanwälten und Steuerberatern in Einzeltätigkeit sind unverändert. Die Mindestversicherungssumme beträgt weiterhin 250.000 EUR, die Jahreshöchstleistung muss wie bisher mindestens eine Million EUR umfassen.
Wir geben Ihnen einen zusammenfassenden Überblick zu den wichtigsten Berührungspunkten mit Ihrer Berufshaftpflichtversicherung.
Generelle Versicherungspflicht bei Berufsausübungsgesellschaften
Neu ab 1. August 2022 ist, dass anwaltliche und steuerberatende Berufsausübungsgesellschaften künftig einen eigenen Berufshaftpflichtschutz benötigen. Bisher ist das nur bei Gesellschaften mit beschränkter (Berufs-)Haftung der Fall gewesen. Damit unterliegen zum Beispiel auch die Sozietät, die GbR und die PartG der Versicherungspflicht. Nicht betroffen ist die reine Bürogemeinschaft.
Mindestversicherungssummen der Berufshaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten
Mindestversicherungssumme (pro Fall) | Jahreshöchstleistung | Mindestversicherungssumme zur Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Auftragsbedingungen (AAB) | |
---|---|---|---|
Einzelkanzlei | 250.000 EUR | 1.000.000 EUR | 1.000.000 EUR |
PartG / GbR / oHG | 500.000 EUR | mind. 2.000.000 EUR* | 2.000.000 EUR |
PartG mbB / GmbH / AG / GmbH & Co. KG | ≤ 10 Berufsträger 1.000.000 EUR > 10 Berufsträger 2.500.000 EUR | ≤ 10 Berufsträger mind. 4.000.000 EUR* > 10 Berufsträger mind. 10.000.000 EUR* | ≤ 10 Berufsträger 4.000.000 EUR > 10 Berufsträger 10.000.000 EUR |
*vervielfacht mit der Anzahl der Partner/Scheinpartner/Sozien/Geschäftsführer/Vorstände – mindestens jedoch 4-fach maximiert
Mindestversicherungssummen der Berufshaftpflichtversicherung von Steuerberatern
Mindestversicherungssumme (pro Fall) | Jahreshöchstleistung | Mindestversicherungssumme zur Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Auftragsbedingungen (AAB) | |
---|---|---|---|
Einzelkanzlei | 250.000 EUR | 1.000.000 EUR | 1.000.000 EUR |
PartG / GbR / oHG | 500.000 EUR | mind. 2.000.000 EUR* | 2.000.000 EUR |
PartG mbB / GmbH / AG / GmbH & Co. KG | 1.000.000 EUR | mind. 4.000.000 EUR* | 4.000.000 EUR |
*vervielfacht mit der Anzahl der Partner/Scheinpartner/Sozien/Geschäftsführer/Vorstände – mindestens jedoch 4-fach maximiert
Haftungsbeschränkte Berufsausübungsgesellschaft mit bis zu 10 Berufsträgern
Sofern Sie sich aktuell in einer haftungsbeschränkten BAG mit bis zu 10 Berufsträgern befinden besteht die Möglichkeit die Versicherungssumme auf 1 Mio. EUR pro Versicherungsfall herabzusetzen. Aus unserem Beratungsalltag treffen wir jedoch immer wieder Gesellschaften an, welche die personelle Grenze von bis zu 10 Berufsträgern überschreiten dann jedoch es versäumen, die Versicherungssumme auf die geforderten 2.5 Mio. EUR zu erhöhen. Die Folge hieraus ist eine persönliche Haftung der Partner da die geforderte Mindestversicherungssumme nicht eingehalten wird.
Haftungsbegrenzung durch vorformulierte Vertragsbedingungen (AAB/AGB)
Wesentlich häufiger, einfacher umzusetzen und daher gerne genutzt ist die Haftungsbeschränkung im Rahmen der Allgemeinen Auftragsbedingungen (AAB). Durch die BRAO-Reform ergeben Sie künftig für eine GbR sowie für die einfache Partnerschaft eine Mindestversicherungssumme von 2 Mio. EUR pro Versicherungsfall um die Haftung durch Allgemeinen Auftragsbedingungen (AAB) wirksam begrenzen zu können.
Bei kleineren haftungsbeschränkten Berufsausübungsgesellschaften (bis zu 10 Berufsträger) muss eine Mindestversicherungssumme von 4 Mio. EUR je Versicherungsfall vereinbart werden. Für alle haftungsbeschränkten Berufsausübungsgesellschaften mit mehr als 10 Berufsträger beträgt die Mindestversicherungssumme 10 Mio. EUR je Versicherungsfall sofern die Haftung durch Allgemeinen Auftragsbedingungen (AAB) wirksam begrenz werden soll.
Interprofessionelle Berufsausübungsgesellschaften, Bürogemeinschaften und Rechtsformen für Rechtsanwälte und Steuerberater
Interprofessionelle Berufsausübungsgesellschaften
In der Praxis ist die interprofessionelle Berufsausübungsgesellschaft regelmäßig anzutreffen. Hier arbeiten etwa Rechtsanwälte, Steuerberater und/oder Wirtschaftsprüfer unter einem gemeinsamen rechtlich organisatorischen Dach zusammen. Die BRAO-Reform hat die Möglichkeiten für interprofessionelle Berufsausübung deutlich erweitert. Auch andere freie Berufe können künftig problemlos einbezogen werden. So können Rechtsanwälte nach § 59c BRAO n.F. mit allen freien Berufen im Sinne von § 1 PartGG eine interprofessionelle Sozietät gründen. Ähnlich verhält es sich bei den Steuerberatern, auch hier ist eine Zusammenarbeit grundsätzlich mit allen Angehörigen der freien Berufe § 1 Abs. 2 PartGG zulässig. Es ist dabei zu beachten, dass die Vereinbarkeit mit dem Beruf als Rechtsanwalt/Steuerberater gewährleistet ist. Bei der Gestaltung des richtigen Versicherungsschutzes sollte das strengste Berufsrecht angewendet werden.
Bürogemeinschaften bei Rechtsanwälten und Steuerberatern
Die Bürogemeinschaft bringt in Verbindung mit § 59q BRAO n.F. wesentliche Änderungen mit sich da die berufliche Zusammenarbeit bislang über § 59a BRAO geregelt war und somit der Sozietät gleichgestellt wurde. Somit wird in Zukunft die Bürogemeinschaft klar getrennt betrachtet. Die Bürogemeinschaft dient der gemeinsamen Organisation des Berufsbildes und nicht der gemeinschaftlichen Berufsausübung wodurch die Bürogemeinschaft nicht als Vertragspartner angesehen werden kann. Auch eine Zulassung der Bürogemeinschaft ist nicht möglich.
Rechtsformen für Rechtsanwälte und Steuerberater
Seit dem 1. August 2022 ermöglicht der Gesetzgeber mit § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO die Nutzung einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) sowie die Nutzung der Kommanditgesellschaft (KG) für Rechtsanwaltsgesellschaften. Mit § 49 Abs. 1 S. 2 StBerG wird zukünftig für Steuerberatungsgesellschaften geregelt, dass auch eine „Ein-Mann-GmbH“ oder GmbH & Co. KG zulässig ist.
Häufig gestellte Fragen zur BRAO-Reform. Jetzt Handlungsbedarf klären!
Ab wann tritt die BRAO-Reform in Kraft?Zum 01.08.2022 tritt die BRAO-Reform in Kraft. Im Mittelpunkt der großen BRAO-Reform stehen die Berufsausübungsgesellschaften (BAG), jedoch nicht die einzelnen Berufsträger.
Die große BRAO-Reform betrifft nicht nur die Bundesrechtsanwaltsordnung sondern auch das Steuerberatungsgesetz sowie die Patentanwaltsordnung. Mit der BRAO-Reform wird ein zusammenhängendes Gesellschaftsrecht für anwaltliche und steuerberatende Berufe etabliert. Somit sind neben Rechtsanwälten auch die Berufsgruppe der Steuerberater von der BRAO-Reform betroffen.
Die Berufsausübungsgesellschaft (BAG) dient der gemeinschaftlichen Berufsausübung, hingegen in einer Bürogemeinschaft lediglich die Betriebsmittel von den Gesellschaftern gemeinschaftlich genutzt werden. ACHTUNG: Für eine reine Bürogemeinschaft besteht im Rahmen der BRAO-Reform keine zusätzliche Versicherungspflicht!
Mit der BRAO-Reform kommt es zur Einführung der Versicherungspflicht für eine Berufsausübungsgesellschaft. Jede Berufsausübungsgesellschaft (BAG) benötigt eine Berufshaftpflichtversicherung/Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung.
Nein, Sie müssen im Rahmen der BRAO-Reform Ihren Versicherer nicht wechseln oder kündigen. Eine rechtskonforme Vertragsanpassung bei Ihrem aktuellen Berufshaftpflichtversicherer ist oftmals völlig ausreichend.
Die BRAO-Reform bringt zum 01.08.2022 viele Änderungen für Ihre Berufshaftpflichtversicherung mit sich. Wir beraten Sie spezialisiert und unabhängig zum Versicherungsschutz Ihrer Berufsausübungsgesellschaft im Rahmen der notwendigen Anpassungen einer BRAO-konformen Berufshaftpflichtversicherung.