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Spektakulärer Fall von Anwalts-Haftung – Freshfields und der Cum-Ex-Skandal

 29. Januar 2020   |    Constantin Behrschmidt

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Rechtsanwälte sind wegen Fehlern und Versäumnissen bei ihrer Tätigkeit in der Berufshaftung und daher gesetzlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Bei Einzelanwälten wird eine Mindestdeckungssumme von 250.000 Euro pro Fall bzw. von einer Mio. Euro auf Jahresbasis gefordert. Häufig bietet das bereits einen ausreichenden Schutz – wenigstens bei einer Kanzlei mit überschaubarem Mandatsaufkommen.

Doch es gibt auch Konstellationen, in denen die Anwaltshaftung ganz andere Dimensionen erreichen kann und selbst eine wohlsituierte, traditionsreiche Kanzlei an ihre finanziellen Grenzen bringt. Freshfields Bruckhaus Deringer LLP ist eine international tätige Wirtschaftskanzlei mit mehr als 2.500 Rechtsanwälten an 26 Standorten in 17 Ländern Europas, Asiens, Nordamerikas und des Nahen Ostens. Sie erwirtschaftete 2018 allein in Deutschland einen Umsatz von fast 442 Mio. Euro, weltweit waren es über 1,6 Mrd. Euro.

Milliarden-Schäden durch unrechtmäßige Steuererstattungen

Der Name Freshfields ist eng mit dem sogenannten Cum-Ex-Skandal verbunden, der 2016 aufgedeckt wurde. Bei den Cum-Ex-Geschäften ging es um komplizierte Aktientransaktionen in großem Stil im Umfeld von Dividenden-Stichtagen – auch Dividenden-Stripping genannt. Im Fokus standen Steuererstattungen durch geschicktes Kaufen und Verkaufen „zum richtigen Zeitpunkt“ mit dem Ziel, eine mindestens zweimalige Erstattung von Kapitalertragsteuer zu erreichen, auch wenn nur Anspruch auf einmalige Erstattung existierte. Eigentlich ein Betrug! Durch diese Praxis und langjährige Übung ist dem Fiskus in Deutschland und in anderen Ländern ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden.

An den Cum-Ex-Geschäften waren viele Banken und deren Kunden beteiligt. Einige deutsche Institute wie die HypoVereinsbank (UniCredit Bank), die Landesbank Baden-Württemberg und die HSH Nordbank haben bereits vor einiger Zeit Schadensersatz in Höhe von über 500 Mio. Euro geleistet. Zu den beteiligten Finanzinstituten gehörten u.a. auch die Banken Macquarie, Fortis, Barclays und Maple Bank, alle Mandanten von Freshfields. Die Maple Bank in Frankfurt ist durch Rückforderungen des Fiskus in Höhe von 450 Mio. Euro sogar 2016 in die Insolvenz geraten.

Von Freshfields schlecht beraten

Die Freshfields-Kunden waren bei den Cum-Ex-Geschäften zuvor intensiv durch die Kanzlei beraten worden. Eine tragende Rolle spielte dabei der Steueranwalt und Freshfields-Partner Ulf Johannemann, der entsprechende Gutachten zur rechtlichen Zulässigkeit der Geschäfte erstellt und das Modell aktiv empfohlen hatte. Johannemann wurde zwischenzeitlich wegen des Verdachts auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft genommen, allerdings kurz vor Weihnachten gegen eine Kaution von vier Mio. Euro wieder freigelassen. Bereits 2017 und 2018 war die Kanzlei zweimal zur Sicherung von Beweismaterial durchsucht worden.

Angesichts der hohen Steuerforderungen und noch nicht abgeschlossener Verfahren mit möglichen weiteren Nachforderungen ist es nicht überraschend, dass Banken gegen Freshfields Schadensersatzforderungen wegen „Fehlberatung“ erheben. In der Regel geschieht so etwas unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Im Falle der Maple Bank wurden Beträge bekannt. Hier hatte der Insolvenzverwalter Freshfields auf Schadensersatz von mindestens 95 Mio. Euro verklagt. Um Unwägbarkeiten im weiteren Verfahren aus dem Wege zu gehen, einigte er sich mit der Kanzlei im August dieses Jahres auf einen Vergleich. Freshfields zahlt 50 Mio. Euro in den Insolvenztopf – eine ordentliche Summe.

Zahlt die Berufshaftpflichtversicherung?

Es ist davon auszugehen, dass noch weitere Forderungen von anderen Mandanten „in der Schwebe“ sind. Die Sache mit der Haftung ist für Freshfields noch nicht ausgestanden. Zwar verfügt die Kanzlei mit Sicherheit über eine Berufshaftpflichtversicherung. Ob diese aber ausreichend dimensioniert ist und in diesem Fall überhaupt eintritt, ist eine andere Frage – denn bei Vorsatz zahlt die Versicherung nicht.

Es drohen über Schadensersatz aus der Berufshaftung weitere Forderungen. Ggf. ist ein Bußgeld in Millionenhöhe zu zahlen, außerdem könnten Honorare aus den unrechtmäßigen Deals abgeschöpft werden. Dafür kommt keine Berufshaftpflichtversicherung auf. Und der Imageschaden ist wohl kaum zu bewerten. Der Cum-Ex-Skandal dürfte noch lange auf Freshfields lasten.



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